Kosmische Klänge
Die 5. Nikolausberger Musiktage im Rückblick
Die 5. Nikolausberger Musiktage im Rückblick
Fünf Tage Musik in der Klosterkirche - und nicht nur das! Die Nikolausberger Musiktage standen im Jahr 2019 unter vielen Sternen, denn im 400. Jubiläumsjahr der Schrift ‚Harmonices Mundi‘ (Harmonien der Welt) des Astronomen Johannes Kepler gelang ein besonders gewagtes Konzept. Bezüge zwischen Astronomie, Mathematik und Musik sowohl in der historischen Perspektive als auch aktuell und experimentell boten überraschende Eindrücke und Erkenntnisse; ungewöhnliche Arrangements forderten die Hörgewohnheiten der Besucher*innen heraus.
Die Konzerte wurden größtenteils begleitet von einführenden Kurzvorträgen und informierenden Beiträgen im Programmheft. Anspruchsvolle Kost stand am Anfang: Sphärenmusik auf dem Akkordeon – geht das? „Ein schwingender Klangkosmos“ – so das Kulturbüro – habe sich entfaltet. Goran Stevanovic vermochte es, im „Zusammenspiel“ mit dem Nikolausberger Frederic Hessman, seine Zuhörer*innen mit Musik, Teile davon als Uraufführung bzw. von Hessman speziell für die Musiktage arrangierten Umsetzungen aus Keplers Werk, mit traditioneller und zeitgenössischer Musik von Froberger (17. Jh.) bis Holst, Stockhausen und Machais und mit virtuosem Spiel in seinen Bann zu ziehen, so dass man „meinen konnte, man sei unmittelbar Zeuge des Entstehens von Musik. Wunderbar“, urteilte das GT.
Die Konzerte wurden größtenteils begleitet von einführenden Kurzvorträgen und informierenden Beiträgen im Programmheft. Anspruchsvolle Kost stand am Anfang: Sphärenmusik auf dem Akkordeon – geht das? „Ein schwingender Klangkosmos“ – so das Kulturbüro – habe sich entfaltet. Goran Stevanovic vermochte es, im „Zusammenspiel“ mit dem Nikolausberger Frederic Hessman, seine Zuhörer*innen mit Musik, Teile davon als Uraufführung bzw. von Hessman speziell für die Musiktage arrangierten Umsetzungen aus Keplers Werk, mit traditioneller und zeitgenössischer Musik von Froberger (17. Jh.) bis Holst, Stockhausen und Machais und mit virtuosem Spiel in seinen Bann zu ziehen, so dass man „meinen konnte, man sei unmittelbar Zeuge des Entstehens von Musik. Wunderbar“, urteilte das GT.
Im Sonderkonzert und zum ersten Mal in der Klosterkirche musizierte das Göttinger Symphonie Orchester unter der Leitung von Antonius Adamske „professionell, frisch und differenziert“. Auch in diesem Konzert - und in einem starken Kontrast zu den übrigen Stücken - waren die Theorien Keplers musikalisch zugegen, dissonante Schwingungen, wiederum arrangiert von Frederic Hessman. Mozarts Jupiter-Sinfonie bildete den glanzvollen Abschluss dieses besonderen Konzerts.
Während der Pausen und nach den Konzerten konnten die Besucher*innen draußen den grünen Strahl des Gauß-Weber-Telegrafen Lasers bestaunen, der aus Anlass der Musiktage von der Stadt auf den Turm der Klosterkirche umgeleitet worden war.
Ein gut besuchter Workshop zum Obertongesang, Ausflüge in die Welt der elektro-akustischen Musik am Nachmittag und ein Nachtkonzert mit Orgel- musik und Obertongesang prägten den Samstag. Anna-Maria Hefele eröffnete Sänger*innen neue Wege zur Bildung ihrer Stimmen. Die Formation Orlando viols forderten die Zuhörer*innen he- raus: Musikalische Konzepte elektro- akustischer Musik, gespielt auf traditionellen Gamben, und ihre Wirkung im Kirchenraum überraschten zunächst durch ein technisch hoch komplexes Arrangement. „Minimal Music“, unter- schiedliche Rhythmen, variable Zeit- spannen, Veränderungen von Phasen in der Spannung von Chaos und Ordnung erzeugten – zusammen mit einer Lichtinstallation, Lautsprechern und ei- nem engen, kreisartigen Sitzarrangement - sehr individuelle Hör-Erlebnisse.
Besondere Beachtung fand das Oberton-Nachtkonzert der Ausnahme- Künstlerin Anna-Maria Hefele, die mit ihrer zierlichen Erscheinung die Bühne beherrschte. Ihr Oberton-Gesang war sicher für viele Menschen im Publikum eine ganz neue Erfahrung. Die Stimme scheint aus dem Nichts zu kommen, durch ganz präzise Stellungen der Artikulationsorgane ist sie in der Lage, gleichzeitig in zwei Tonlagen zu singen. Dabei begleitete sie sich selbst auf der Harfe und der sog. Nyckelharpa, einem Instrument, das sie selbst als „Mischung aus Geige und Schreibmaschine“ be- zeichnete. Großer Applaus in der fast voll besetzten Klosterkirche.
Im Festgottesdienst nahm Landes-superintendent Dieter Rathing (Lüneburg), ausgehend von der Genesis, sehr aktuell die Schöpfung in den Blick: „Und Gott sah, dass es gut war“ - wirklich? Wie gehen wir Menschen mit der Schöpfung um, die uns anvertraut ist? Ist doch alles gut, oder? „Habe ich zu schön geredet?“ war seine wiederholte rhetorische Frage. Hochkarätig musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst von Sologesang, Blechbläsern, Orgelmusik und dem Ensemble I dodici. Ein anschließendes Begegnungsfrühstück unter dem Motto „fremd - vertraut“ führte mit einem syrischen Buffet und kurdischen, persischen und arabischen
Liedern in den vorderen Orient, den Teil der Erde, in dem die ersten Sterndeutungen stattfanden und große Religionen entstanden.
Liedern in den vorderen Orient, den Teil der Erde, in dem die ersten Sterndeutungen stattfanden und große Religionen entstanden.
Eine besondere Mischung aus Barockmusik und früheren, im 16. Jh. angesiedelten ‘Intermedien’ prägte das glanzvolle Sonntagskonzert mit Gli Scarlattisti und der Capella Principale. Auch hier: Spannende Eindrücke zwischen Kirchenmusik (Rosenmüller) und üppigen, anlässlich einer orentinischen Hochzeit aufgeführten, teils chorischen, teils solistischen Sätzen, die wiederum die Musik der Sphären in den Sakralraum holten. Wissenschaftlich und musikalisch auch die Konzerte am Montag: im Vortragskonzert spielten sich Prof. M. Schüssler und Lautenist A. Düker die Bälle zu. Drei Mitglieder der Familie Galilei standen im Mittelpunkt des Themas zwischen astronomischen Entdeckungen, die das Weltbild revolutionieren sollten und ebenfalls bahnbrechenden musikalischen Umbrüchen, an denen alle drei ihren Anteil hatten.
Einen weiteren Höhepunkt bildete zum Abschluss das nun schon traditionelle Konzert des Göttinger Barockorchesters mit einem ebenfalls außergewöhnlichen Programm: u. a. Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ - aber re-arrangiert für die Zeiten des Klimawandels. Was heißt das? Keine der jahreszeittypischen Erscheinungen, sondern jäh durcheinandergewirbelte Kadenzen, so, wie uns das Wetter auch ständig unzeitgemäß daherkommt. Ein Experiment, das wiederum die Hörgewohnheiten herausforderte. Ebenso Jean Féry Rebel: der Name ist Programm - eine Urknall-Disharmonie zu Beginn, aus der allmählich Harmonie entsteht und die Elemente erkennbar werden. Dazu noch Telemanns Hamburger Wassermusik. „Musikalische Hochspannung zum Abschluss der Nikolausberger Musiktage“ (GT)!
Gedankt sei an dieser Stelle noch einmal allen Förderern, Spendern, Akteuren, Organisatoren und Helfern, v.a. aber der ev. Kirchengemeinde Nikolausberg, die diese Musiktage ermöglicht hat.
Heinrich-Otto Hanneman
Heinrich-Otto Hanneman